Die Neue Leipziger Schule

Fluch und Segen eines Phänomens

Die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig hat sich im Blick auf Malerei gegen alle Trends in der Kunst immer selbstbewusst und hingebungsvoll behauptet. Malerei war für die Professoren niemals tot. Weder als alle von Videokunst und Performance sprachen, noch, als es hieß Kunst müsse politisch sein. Die Konsequenz sollte diesem Programm Recht geben. Entgegen aller Erwartungen wurden Malerinnen und Maler Mitte der 90er-Jahre, die an der HGB studiert hatten, nahezu über Nacht zu internationalen Stars. Einer renommierten Kunstkritikerin aus den USA war ein Bild von Neo Rauch auf der Messe in New York bei der Galerie Eigen und Art aufgefallen. Sie schrieb eine Hymne. Der Rest ist Geschichte. Judy Lybke wurde als Galerist ebenso berühmt wie viele seiner Künstler. Durch den Erfolg von Neo Rauch wurde der Kunstmarkt aufmerksam auf dessen Schüler und auf die Schüler Arno Rinks. Der älteren lehrenden Generation der Leipziger Schule.

Der Erfolg einer jungen Malergeneration ist in der jüngeren Geschichte der zeitgenössischen Kunst unangetastet. Immer schon gab es einzelne herausragende Positionen, aber eine ganze Gruppe von Schülern einer Hochschule, die ein internationales Publikum nach Leipzig lockte, das war neu.

Es lohnt sich nach über 15 Jahren den Blick zurückzuwagen. Was ist aus den Künstlern von damals geworden? Wie sehen sie rückblickend den Hype um ihre Bilder? Hat ihnen der Erfolg von damals langfristig gut getan, oder ist es auch schwer gewesen, wieder in der Normalität anzukommen? Ist ein solches Label heute Fluch oder Segen?

Der Begriff Neue Leipziger Schule, der sich als feste Größe etabliert hat, ist eigentlich irreführend und suggeriert eine Gruppe in sich geschlossener Positionen. Das ist mitnichten der Fall und war es auch nie. Alle Malerinnen und Maler malten, aber jede Position war und ist völlig eigenständig und weit davon entfernt, eine formale Linie zu beschreiben. Umso wichtiger ist es, heute zu beobachten, wie sich das Werk der Malerinnen und Maler aus diesem Label frei entfaltet hat.

Dieser erste umfassende Dokumentarfilm widmet sich der Frage, wie die Vergangenheit und Gegenwart zusammengehören oder sich eben gerade emanzipieren mussten. Wie die Maler und Malerinnen aus heutiger Sicht auf diese Zeit blicken und vor allem, wo sie künstlerisch heute stehen. Wir begleiten wichtige Künstler der Neuen Leipziger Schule im Atelier und auf Ausstellungen, besuchen Sammler der ersten Stunde und treffen die wichtigsten Galeristen in der berühmten Spinnerei in Leipzig.

Buch/Regie:
Nicola Graef

Produziert:
2020, MDR
90 min.


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