Dicke Hose

22.07.2014




Süddeutsche Zeitung


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Das Ehepaar Uhlmann betrieb das angeblich edelste Bordell der Bundesrepublik. Eine Dokumentation im Ersten erzählt von der Liebe - und wie sie an diesem Milieu scheitern musste.

Von Joachim Käppner

Manchmal hat er ihr ein schönes Geschenk gebracht, einen weißen Mercedes vielleicht. Die junge Schönheit lebte in Ostdeutschland und war begeistert von dem smarten, langhaarigen Mann aus dem Westen. Sie hatten sich durch Zufall kennengelernt. Er brachte ihr nicht nur Liebesbeweise, sondern auch die Freiheit. Mithilfe eines raffiniert gefälschten Passes schmuggelte Detlef Uhlmann seine spätere Frau Simone 1989 über die tschechoslowakische Grenze in den Westen. In der Tasche hatte er 20 000 Mark Cash - für den Fall, dass die Sache mit dem Ausweis auffliegen sollte. Die Grenzer hier, dachte er, könnte man leichter bestechen als die strengen Volkspolizisten der DDR. Gemeinsam betrieben die beiden dann seinen Club im Berliner Westend namens "Bel Ami", der nichts anderes war als ein vornehm tuendes Bordell. Das Haus, eine alte Fabrikantenvilla, sei "Deutschlands edelster Nachtclub", wie das Magazin Playboy damals schrieb. Inhaber Uhlmann behauptete das ohnehin, er prahlt noch heute gern mit seinen Gästen von früher: Schauspieler, berühmte Anwälte, "Leute vom Senat". Angeblich kam mal die komplette Fußballmannschaft von Hertha BSC zum Saunaabend.

Illusion statt Elend

Es war, zu Uhlmanns Anfängen in den Siebzigern, eine Zeit, in der Pornografie und Prostitution noch schwer zugänglich waren und nicht, wie heute, Teil einer sogenannten Alltagskultur, in der das Elend der meisten Beteiligten häufig schöngeredet wird. Solches Elend gab es in den Zeiten des Bel Ami auch, ganz gewiss; aber in der prüderen alten Bundesrepublik mussten sich die Betreiber noch Mühe geben, eine Illusion aufrechtzuerhalten - für ihre Besucher, aber auch aus Sorge vor der Polizei. Seit dem gut gemeinten Versuch der rot-grünen Bundesregierung, das Schicksal der Prostituierten zu verbessern und die Frauen aus der Illegalität zu holen, hat sich in der Bundesrepublik ein Sexmarkt ausgebreitet, der schaudern macht - inklusive Flatrate-Bordellen. Viele Frauen, die hier anschaffen gehen, bleiben dennoch Opfer; das Geschäft ist jetzt legal, und wenn sich der Staat dafür interessiert, dann ist es meist das Finanzamt. Menschenhandel, Nötigung, Ausbeutung gibt es weiterhin. Das Leben der Uhlmanns schildert die Fernsehjournalistin Nicola Graef in ihrer ARD-Dokumentation sehr souverän, ohne leichtfertige Verurteilungen, aber auch ohne jedes scheinheilige Augenzwinkern. Was sie erzählt, ist zu Anfang die Geschichte einer anrüchigen Seite der wohlhabenden Bundesrepublik. Playboys wie Rolf Eden gingen im Bel Ami ein und aus, der Fotograf Helmut Newton machte hier Aufnahmen. Simone Uhlmann wird Barfrau im Bel Ami, das Paar heiratet. Er fährt Bentley, und damit "er noch was Offenes hat", berichtet die ehemalige Gattin, "hat er sich noch einen SL Mercedes gekauft". Detlef Uhlmann wirkt naiv, angeberisch, selbstverliebt, aber auch witzig und nicht einmal unsympathisch. Im Vergleich zu den kalten Business-Größen des heutigen Milieus ist er wie eine Figur aus einem Simmel-Roman: einer, der ganz groß sein wollte und es auch wurde - für gewisse Zeit.

König der Nacht

Nach der Jahrtausendwende geht, wie es im Film heißt, "die Party weiter". Nach der Wende sind Glücksritter der Treuhand gefolgt und reiche Osteuropäer, manchmal gehen 1000 Mark Trinkgeld über den Tresen. Doch es gibt nun viel Billigkonkurrenz - und es gibt das Internet. Der "Edelclub" wirkt plötzlich, als stamme er aus dem Museum für die Geschichteder Bundesrepublik. Detlef Uhlmann lebt weiter wie ein Lebemann aus den Siebzigerjahren, aber das Geld fließt nicht mehr. Er wird dann wegen Steuerhinterziehung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Es ist vorbei. Der Film konzentriert sich stark auf die Geschichte des Ehepaars, auf das Auseinanderdriften zweier Menschen, deren Liebe in diesem Milieu scheitern musste. Eigentlich wollte sie eine ganz normale Familie, er gab den König der Nacht. Uhlmann versucht einen Neuanfang mit seinem Laden, aber das wird nichts mehr. Am Ende hat er nichts mehr - keinen Club und keine Ehefrau. Und doch sagt er im Film zum Schluss: "Das Kapitel Bel Ami habe ich noch nicht abgeschlossen."

Bel Ami - Eine Ehe im Rotlicht, ARD, 22.45 Uhr.

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