Wilde Brüder

Dinos und Jake Chapman

Sie sind das wildeste Brüderpaar der Londoner Kunstszene. Sie schockieren, provozieren, scheren sich um kein Tabu. Dinos (Jahrgang 1962) und Jake Chapman (1966) sind die erfolgreichsten Schüler, die der berühmte Künstler Damian Hirst Ende der 80er Jahre in der legendär gewordenen Londoner „Freeze“ Ausstellung nach vorne brachte. Damals wurde der Begriff young British artists (YBA) geprägt, der seitdem weltweit für Furore sorgt. Unterstützt und gefördert von Charles Saatchi, dem polarisierenden Werber und Großmogul der britischen Kunstszene haben sich Jake und Dinos bin heute ihren kontroversen Ruf nicht nehmen lassen. Einer ihrer letzten Schocker heißt „Hell“, eine Installation in mehreren großen Glaskästen, in denen mit 30.000 kleinen Zinnfiguren in Naziuniform Gräueltaten eines apokalyptischen Kriegsszenarios dargestellt werden. Menschen, die sich zerfleischen, denen die Engeweide aus den Körpern fließen, Vergewaltigungen - alles in Miniaturformat. Zynischer kann man menschliche Gewalt nicht zuspitzen. Bekannt wurden die Chapmans vor allem durch ihre Figuren im Schaufensterpuppen-Format. Nur dass diese alles andere als ästhetisch und hübsch anzusehen sind. Im Gegenteil: kleine Mädchen werden hier dargestellt, vielmehr entstellt. Nackt sind sie die Kinder, ihr Geschlecht entstellt durch männliche Genitalien, die aus ihren Körpern wuchern und aus den Ohren sprießen. Ihre Gesichter sexualisiert, die Münder zu Schamlippen verwachsen, der Ausdruck entkindlicht, fremd. Diese Fratzen kommen aus unserer Welt und sind doch gleichzeitig allem entrückt. Päderastenphantasien oder die Kritik an kommerzieller Sexualisierung der Gesellschaft – die Arbeiten polarisieren, wie alles, was die Brüder dem Betrachter vorwerfen. Moralische Grenzen werden permanent in Frage gestellt. Horror und Komik verbinden sich auf eine groteske Weise.

Besonderes Aufsehen erregten die Brüder 2003 als nominierte Künstler des wichtigsten Kunstpreises, des Turner Preises. Etwa 20 Originalzeichnungen von Goya, selten wertvoll, ein Schatz der Kunstgeschichte wurde misshandelt. Intime Szenen sind dargestellt von Goya, zwischen Mann und Frau, Familienszenarien, ein gefundenes Fressen für die Verzerrungskünstler. Die Chapmans zeichneten in die Originale ihre Versionen hinein, manipulierten so die Bilder und entstellten sie zu ihren Zwecken. Dazu bauten sie eine brutale Installation nach einer Goya Zeichnung in den Raum. Leichen sind über einen toten Baum geworfen. Der Mensch als Material, weggeworfen, überflüssig, verloren. Die Kunstwelt schrie auf und konnte nichts ändern. Den begehrten Preis haben Dinos und Jake Chapman nicht dafür bekommen. Nötig haben sie Preise schon lange nicht mehr. Ihre Arbeiten werden seit Jahren weltweit gezeigt und mit Preisen übersät. Dabei sind sie auf dem Boden geblieben, freundlich und ohne Arroganz.

Man möchte wissen, wie können zwei so nette Jungs solche Szenarien entwerfen, warum tun sie uns als Betrachter das an? Was ist ihre Motivation? Woher rührt das Interesse an der Auseinandersetzung mit Gewalt und traumatischen Szenarien? Wie sehen die beiden die Debatte und Entwicklung des Terrorismus? Wie sehen sie die Welt, in der sie leben.

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Buch/Regie:

Produziert:
2005, ZDF/arte
60 min.


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