Neu im Kino: «Ich. Immendorff»
04.07.2008
Nürnberger Nachrichten
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Filmerin Nicola Graef begleitete den Künstler bis kurz vor seinem Tod
NÌRNBERG - Vor gut einem Jahr ist mit Jörg Immendorff einer der bedeutendsten deutschen Maler der Gegenwart im Alter von 61 Jahren gestorben. Die Nervenkrankheit ALS, die 1998 bei ihm diagnostiziert wurde, führte zum schleichenden Tod - mit Lähmungen zuerst an den Armen und Händen, dann an den Beinen, schließlich an der Atemmuskulatur. Die Filmemacherin Nicola Graef, Tochter des Nürnberger Kunstsammlers und Verlegers Herwig Graef, hat den Künstler für ihre Dokumentation «Ich. Immerndorff« zwischen 2005 und 2006 mit der Kamera begleitet, hat seine Ex-Gattin und die junge zweite Ehefrau, die Mutter, Freunde und Kollegen interviewt.
Wie oft sie sich dabei vom ruppigen Malerfürsten anherrschen lassen musste, möchte man lieber nicht wissen. Denn der springt mit seinen «Lakaien« - seien es der Barbier oder die Mal-Assistenten, die an seiner statt den Pinsel führen - harsch um. An dem filmischen Produkt und dem darin transportierten Image hätte der Meister aber wohl wenig zu meckern: Der Sex- und Drogenskandal, der 2003 durch die Medien ging, bleibt außen vor, Kritiker seiner polarisierenden Person kommen kaum zu Wort.
Kämpfer gegen die Krankheit
Der Film zeigt Immendorff als bewunderswerten Kämpfer gegen seine Krankheit, als unermüdlichen Arbeiter, als Mann mit Prinzipien, mit extrem ausgeprägtem Selbstbewusstsein und ebensolcher Lust an der Konfrontation: «Gibt es keinen Zoff, mach ich ihn mir«, sagt er anfangs und fragt zum Ende des Films: «Warum soll ich aufgeben?«
Nicola Graef, die bereits mehrere Dokumentationen für das ZDF und die ARD gedreht hat, lässt den Zuschauer unmittelbar und intensiv Anteil haben am Schicksal eines Todgeweihten. Das ist tief berührend. Dass es sich dabei um einen berühmten Maler handelt ist aber eher Nebensache. Denn die Kunst Jörg Immendorffs bleibt leider seltsam unbedeutend und bloß Kulisse in dieser insgesamt sehenswerten Hommage an einen außergewöhnlichen Menschen. (Filmhaus, Nürnberg)
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